Bereits Anfang diesen Jahres änderte die 23. Kammer des VG Berlin ihre langjährige Rechtsprechungspraxis und geht nun von „systemischen Mängeln“ in Ungarn aus. Folglich wurde auch die Überstellung des Antragstellers untersagt – zumindest vorläufig. Anlässlich dieser Gerichtsentscheidung veröffentlichte die Stadt Berlin sogar eine Pressemitteilung auf ihrer Webseite. Am 16.3.2015 schloss sich nun auch die 36. Kammer des VG Berlin den Ausführungen der 23. Kammer an. Damit reiht sich nun auch das VG Berlin in eine ganze Reihe von positiven VG-Beschlüssen zu Ungarn ein, wobei die hier zugrunde liegende Argumentation besondere Beachtung verdient. Denn obwohl ein Verstoß gegen Artikel 3 EMRK bzw. Artikel 4 GrRCh („Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung“) im Hinblick auf die Haftbedingungen in Ungarn verneint wird, untersagt das Gericht die Überstellung dennoch unter Verweis auf die Dauer der Haft ohne effektiven Rechtsschutz (Verletzung von Artikel 6 GrRCh). Dies übrigens unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des UNHCR sowie eine gemeinsame Stellungnahme von uns und Pro Asyl. Das VG München schloss sich der Rechtsauffassung des VG Berlin kürzlich in einem Hauptsacheverfahren an. Weiterhin entschied das VG Augsburg kürzlich in einem Hauptsacheverfahren, dass im Falle eines psychisch erkrankten in Ungarn anerkannten Flüchtlings ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 vorliegt, unter anderem mit Verweis auf unseren Ungarnbericht. Allerdings ist die Entscheidungspraxis der Verwaltungsgerichte hinsichtlich Ungarn nach wie vor sehr unterschiedlich. Zu dieser Thematik hier ein aktueller Radiobeitrag des BR , in dem wir auch kurz zu Wort kommen.
Alle Beiträge von bk
Gesetzesverschärfungen in Ungarn
Update: 26.4.2015
Aufgrund des drastischen Anstiegs der Asylbewerberzahlen in Ungarn (die sich innerhalb von nur zwei Jahre verzwanzigfacht haben), wird es in naher Zukunft wohl zu einigen weitreichenden Gesetzesverschärfungen kommen, darunter u.a.:
1. Inhaftierung aller irregulären Migranten/Asylsuchenden
2. Durchführung der Verfahren innerhalb weniger Tage
3. Verpflichtung zur gemeinnützigen Arbeit.
Ausführlich hierzu in diesem Artikel des Europäischen Flüchtlingsrats (ECRE) und in dieser Presseinformation des Ungarischen Helsinki Komitee. Bisher ist allerdings noch nichts verabschiedet und es liegt noch nicht mal ein Gesetzesvorschlag vor. Die Aussagen Orbáns der letzten Zeit lassen allerdings wenig Zweifel daran, dass es bald zu massiven Verschärfungen kommen wird. Im Rahmen einer „nationalen Konsultation“ werden diesbezüglich sogar ungarische Haushalte befragt. Hierzu mehr im Pester Llyod. Die Fragen lauten wie folgt:
- How important is the spread of terrorism as far as your own life is concerned?
- In your opinion could Hungary become the target of terrorism in the next few years?
- Do you agree that mistaken immigration policies contribute to the spread of terrorism?
- Did you know that economic immigrants cross the border illegally and that lately their numbers have increased twentyfold?
- Do you agree with the opinion that economic immigrants endanger the jobs and livelihoods of the Hungarian people [magyar emberek]?
- In your opinion did Brussels’ policies on immigration and terrorism fail?
- Would you support the government in its effort to introduce stricter immigration regulations in opposition to Brussels?
- Would you support a new regulation that would allow the government to place immigrants who illegally entered the country into internment camps?
- In your opinion should those immigrants who illegally enter the country be returned to their own countries in the shortest possible time?
- Do you agree that those economic immigrants who stay in Hungary should have to work to cover the cost of their keep?
- Do you agree that the best means of combating immigration is to give economic assistance to the countries of origin of the immigrants?
- Do you agree with the government that instead of allocating funds to immigration we should support Hungarian families and those children yet to be born?
ARD und SPIEGEL über Flüchtlinge in der Ukraine
Kürzlich recherchierten Journalisten des Spiegel und der ARD – mit Unterstützung von bordermonitoring.eu – zur Situation von Flüchtlingen in der Ukraine. Aus dieser Recherche entstand ein sehr lesenswerter Artikel in der Druckversion des Spiegel (leider ist der Beitrag online nicht verfügbar, sondern nur eine Kurzversion und ein kurzes Video). Weiterhin gab es einen Bericht in den Tagesthemen und bei Report Mainz. Weitere Informationen finden Sie auf der Sonderseite Border Monitoring Project Ukraine (BMPU).
Update (30.3.2014): Hier ein Interview mit uns zur Thematik in dem Magazin Konkret.
Hinschaun hilft – Bitte spenden Sie!
Um auch in Zukunft ausführlich und fundiert von den Rändern Europas berichten zu können, sind wir dringend auf ihre Unterstützung angewiesen. Es ist ihre Spende, die unsere Unabhängigkeit von staatlichen oder EU-Geldern garantiert. Ihre Spende ist steuerlich absetzbar und fließt zu 100% in die konkrete Arbeit des Vereins (bei uns gibt es keinerlei Verwaltungspauschalen, Provisionen oder Ähnliches). Bisher war unsere Arbeit für den Verein weitestgehend ehrenamtlich. Um den im Laufe der Jahre stetig gestiegen Ansprüchen an den Verein weiterhin gerecht werden zu können und auch um ganz neue Themenfelder bearbeiten zu können, streben wir aktuell die Schaffung einer bezahlten Teilzeitstelle an. Hierfür benötigen wir dringend finanzielle Unterstützung – sei es in Form einer einmaligen oder regelmäßigen Spende.
Bordermontioring.eu
IBAN: DE75700205000009814300
BIC: BFSWDE33MUE
Bank für Sozialwirtschaft
Border Monitoring Project Ukraine (BMPU)
Monitoring the implementation of social and human rights of refugees and other vulnerable migrants in the Border region of the European Union and Ukraine.
Background
Various reports and activities on the conditions of refugees and migrants in Ukraine during 2005 – 2008 revealed serious problems in this field. This pointed to the need for systematic monitoring of the situation in the region of the external borders of the European Union (notably Slovakia, Hungary and Romania) with Ukraine. In 2008, representatives from various associations and institutions in Germany, Switzerland, Belgium, UK and Ukraine, after some discussion with UNHCR, Helsinki Committee Hungary and others decided to take initiative. A Border Monitoring Project (BMPU) was set up in Western Ukraine with the aim to monitor the implementation of social, human and refugee rights in the border region. Members of this common initative are: Bordermonitoring.eu (Munich), Pro Asyl (Frankfurt), no one is illegal (Hanau) and the Centre for Migration, Policy and Society (Oxford).
HIER geht es zur ständig aktualisierten Webseite des BMPU
.
Bulgarien-Bericht jetzt auch auf Deutsch
Wir freuen uns, dass der Bulgarienbericht nun auch in deutscher Übersetzung zur Verfügung steht.
Bordermonitoring-Ukraine zur Lage der internationalen Flüchlinge in der Ukraine
Anlässlich einer Protestaktion von internationalen Flüchtlingen in der Ukraine besuchte das „Border Monitoring Project Ukraine“ (BMPU) die Protestierenden und veröffentlichte einen Artikel unter dem Titel „The Forgotten? International refugees in Ukraine live life on a breadline“.
Stellungnahmen von bordermonitoring.eu zur Situation in Ungarn
In Kooperation mit Pro Asyl und dem Ungarischen Helsinki Komitee beantwortete bordermonitoring. eu kürzlich Anfragen des VG Düsseldorf und des VG München. Die Stellungnahmen finden sich hier:
Kirchenasyl und Ungarn
Der BR hat ein langes Special zu Kirchenasyl und zu Ungarn produziert (Sonderseite, Radiobeitrag, Fernsehbeitrag). Wir kommen auch zu Wort. Ebenso Innenminister Herrmann:
Entweder man bekennt sich zur EU oder man lässt es sein. Einerseits Begeisterung für die EU, die ich im Prinzip teile, aber dann bei jeder Kleinigkeit zu sagen: Bei denen ist es aber schlechter als in Deutschland.
Eine Inhaftierung für bis zu sechs Monaten, de facto ohne richterliche Kontrolle und dazu oftmals unter unmenschlichen Bedingungen ist für den bayerischen Innenminister also eine „Kleinigkeit“. Glücklicherweise sehen das nicht wenige Verwaltungsgerichte anders (hierzu ausführlich in unserer Ungarn-Sektion).
Neuer Bericht zur Situation der Flüchtlinge in Bulgarien
Bordermonitoring.eu freut sich, auf das Erscheinen unseres neuesten Berichts hinweisen zu können.
Trapped in Europe’s Quagmire: The situation of asylum seekers and refugees in Bulgaria wurde von vier ForscherInnen im Rahmen des Bordermonitoring Bulgaria Projekts erstellt und beschreibt die strukturellen Bedingungen, auf Grund dessen sich AsylbewerberInnen und Flüchtlinge in einer extrem verwundbaren Situation befinden.
Themen des Berichts:
- Push-Backs und Gewalt an der Grenze
- Von überfüllten Lagern zur Produktion der Obdachlosigkeit
- Integration: Ausschluß in einem Zustand des Chaos
- Xenophobie und Rassistische Angriffe: Institutionen, die extreme Rechte und Gewalt auf der Straße
- Asyl: Die Meinung der RechtsexpertInnen
- Europas Unerwünschte: Einschränkungen der Bewegungsfreiheit
Das Bordermonitoring Bulgaria Projekt spricht sich gegen Dublin-Abschiebungen nach Bulgarien aus, solange Flüchtlinge in dem Land keine menschenwürdige Behandlung erfahren. Das Projekt wird auch in Zukunft die Entwicklungen in Bulgarien beobachten und dokumentieren.
Der Bericht in englischer Sprache steht auf dem Blog des Projekt zum Download bereit.
Update: Der Bericht ist mittlerweile auch in deutscher Übersetzung erschienen.